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Canile, die Hundehöllen von Italien

13. Februar 2021
Foto Wikipedia

Bella Italia! Das Land der Sehnsüchte, atemberaubend schöner Landschaft und verdammt gutem Essen. Ja, Italien kann einen schon ganz schön um den Finger wickeln. Auch uns ging es nicht anders, als wir letzten Sommer mit unserem Camper quer durch dieses Land reisten. Zumindest solange, bis wir auf die Schattenseiten aufmerksam wurden. Als wir im Süden Italiens ankamen, dachten wir uns trifft der Schlag. Überall und wirklich überall, lag Müll. Es war kaum möglich einen Meter zu fahren und keinen Müll zu sehen. Doch was uns noch mehr erschreckte, waren die vielen Straßenhunde, die in einem erbärmlichen Zustand überall kauerten. Auch tote Hunde waren überall zu sehen, sogar am Strand, manche noch mit der Kette um den Hals. So verhielt es sich leider in allen Regionen Süditaliens und es brach unser Herz. Wir versorgten die Tiere mit Futter und Wasser, doch wissend, dass diese Hilfe lediglich ein Tropfen auf dem heißen Stein ist.

Als wir an einem Tag an einer großen Halle vorbeikamen, aus der unerträglicher Gestank drang und klägliches Jaulen zu hören war, musste ich der Sache auf den Grund gehen. Wir stiegen aus und wollten das Gelände erkunden. Doch sofort kamen uns drei Männer entgegen, die uns ziemlich barsch aufforderten weiter zu fahren. Als ich nicht locker ließ, bedrohten sie uns und uns blieb nicht anderes übrig, als das Weite zu suchen, Anschließend recherchierte ich, was es mit diesen Gebäuden auf sich hat und im Nachhinein weiß ich, das wir verdammt viel Glück hatten.

Ich fand heraus, dass es sich bei dem Gebäude um eins der vielen Canile handelte. Dies sind Hundelager, in denen die Tiere bis zu ihrem Tod aufbewahrt werden.

Dazu ein paar Fakten:

Seit dem Jahr 1991 ist das Töten von Straßenhunden in Italien verboten.

Ebenso verboten ist das Aussetzen der Hunde und ein Verstoß wird mit einer Geldbuße oder Gefängnisstrafe geahndet.

Der Staat hat auch für die Straßenhunde eine Fürsorgepflicht und muss für eine Geburtenkontrolle Sorge tragen.

Klingt erst einmal ziemlich gut, nur zeigt die Realität, dass dieses Gesetz zwar auf dem Papier steht, mehr aber auch nicht. Im Gegenteil, gerade dieses Gesetz führt zu unerträglichem Leid, denn basierend darauf hat sich in Italien ein Tierheim-System etabliert, welches an Grausamkeit kaum zu übertreffen ist. Unternehmer, oftmals Mitglieder der Mafia haben aus der Not der Tiere ein Geschäft errichtet. Sie präsentieren sich als Tierheim, fangen Hunde ein, pferchen sie auf engsten Raum zusammen und erhalten dafür einen staatlich geförderten ( also von der EU ) Betrag pro Tier. In der Regel liegt dieser bei 7,50 pro Tag. Nun rechne man aus, was diese Förderung für eine Summe ergibt, wenn zwischen 500 und 1000 Hunde im Canile gefangen gehalten werden und pro Tag pro Hund 7,50 kassiert werden können. Ein ziemlich dickes Geschäft. Nun solle man glauben, die Hunde werden von dem Geld versorgt, bekommen Futter und werden medizinisch behandelt. Dem ist aber leider nicht so. Die meisten Tiere sind in einem todesnahen Zustand und werden geradeso am Leben gehalten, um die Einnahmen nicht zu reduzieren. Hündinnen mit Welpen, werden immer wieder zurück auf die Straße gebracht, damit das „Straßenhundeproblem“ sichtbar bleibt und die Canile somit „gebraucht“ werden.

Eine Vermittlung dieser Hunde wünschen die Betreiber dieser Canile nicht und Tierschützer müssen harte Kämpfe führen um zumindest ab und an einen Hund auf diesen Lagern freikaufen zu dürfen.

Ich verlinke an dieser Stelle zwei Videos von einer italienischen Tierschützerin, die in einem Canile gedreht hat und das System sehr genau erklärt. (Deutscher Untertitel)

https://www.youtube.com/watch?v=FojnvaV_Ouc  

https://www.youtube.com/watch?v=_tb1pMF7K50

Natürlich gibt es in Italien auch ein paar Tierheime, die wirklich die Tiere schützen wollen. Leider sind diese gerade im Süden des Landes die Ausnahme. Wir haben auf unserer Reise zwei dieser Tierheime besucht und gesehen, wie schwer es den echten Tierschützern gemacht wird.

Als wir die Heimreise antraten, war die Stimmung bedrückt und unsere Herzen verletzt. Wir wollten helfen und gleichzeitig nach Hause. All das Leid war kaum zu ertragen und es sollte kein Ende nehmen. Als wir irgendwo in Apulien von der Autobahn abfuhren um einen Stellplatz für die Nacht anzufahren, sahen wir direkt in der Ausfahrt ein leuchtend weißes Bündel unter einem Busch sitzen. Ohne weiter nachzudenken, sprang ich aus dem Camper, schnappte mir das kleine völlig abgemagerte Wesen und nahm es mit in den Bus. Ein paar hundert Meter weiter hielten wir auf eine Wiese. Dieses zarte Geschöpf in meinem Arm schmiegte sich an mich und wich auch auf der Wiese nicht von meiner Seite. Sie war so dünn, dass wir kaum fassen konnten, dass sie noch lebte. Mit meinem großen Sohn machte ich mich nochmal auf dem Weg zur Fundstelle um nach dem Muttertier Ausschau zu halten. Wir warteten und warteten, aber nein, keine Mutter in Sicht. Auf dem Rückweg zum Bus stieg uns ein extrem widerwärtiger Geruch in die Nase und als wir hinter einem Busch schauten, konnten wir die Tränen nicht zurückhalten. Dort lag sie wohl, mit ein paar Welpen und noch weiteren Hunden. Alle hatten Einschusslöcher und in direkter Nähe fanden wir Patronenhülsen. Ich kann euch sagen, dieses Bild wird mich nie wieder loslassen. Zurück am Camper überlegten wir, was wir tun sollten. Uns war klar, dass wir die Kleine nicht dalassen konnten. In eins der Canile wollten wir sie aber auch nicht bringen. Also nahmen wir sie erst einmal mit. Unsere eigenen drei Hunde haben die Kleine zum Glück sofort aufgenommen und so gab es im Camper keinerlei Probleme. Am nächsten Morgen besorgten wir Wurmkuren, ein Geschirr und eine Leine und es stand fest, wenigstens dieser kleinen Maus, schenken wir ein gutes Zuhause.

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